Obstbaumarboretum Bielefeld

Auf den Flächen des Obstarboretums in Bielefeld wachsen 400 verschiedene Apfelsorten. Betrieben wird es von Hans-Joachim Bannier, der mit dem Verein Apfel:gut e.V. Mitglied bei bioverita ist. Seit 1995 sammelt er im Arboretum Sorten, die er in der Landschaft findet, oder geschenkt bekommt. Auch die im Handel gängigen, modernen Apfelsorten hat er hier gepflanzt. Das Besondere: Hier wird nicht gespritzt, auch nicht die im Bio-Anbau zugelassenen Mittel Schwefel und Kupfer.

Traditionell wurden zur Selbstversorgung die Sorten angebaut, die sich auch in schwierigen Zeiten bewährten. Um Ernteausfälle vorzubeugen baute man viele verschiedene Sorten an. Erst mit dem Wachstum der Städte entstand ein Bedarf an aromatischen Tafeläpfeln. Es wurde zum ersten Mal aktiv gezüchtet: Robuste, gesunde Sorten mit hohen Erträgen wurden mit besonders wohlschmeckenden Sorten gekreuzt.

Hans-Joachim Bannier

Äpfel auf der Intensivstation

Die modernen Hochleistungssorten wurden erst nach dem 2. Weltkrieg gezüchtet. Die chemische Industrie brachte Pflanzenschutzmittel auf den Markt, mit denen gegen Krankheiten wir Schorf und Mehltau gespritzt werden konnte. Bei der Züchtung spielte von da an lediglich der Ertrag eine Rolle, Gesundheit und Robustheit traten in den Hintergrund. Im großen Stil wurden Streuobstwiesen gefällt und durch Plantagen mit den neuen Sorten ersetzt.

„Die Äpfel landeten auf der Intensivstation“, beschreibt es Bannier. Denn ohne Pflanzenschutzmittel bringen diese Sorten, die wir in makelloser Qualität aus dem Supermarkt kennen, nur wenige, kleine und kranke Früchte hervor. Dies lässt sich im Obstarboretum gut beobachten, wo die Bäume nicht behandelt werden.

Jonagold ohne Pflanzenschutzmittel

Schorfresistenz bei Wildäpfeln

In den 1970er Jahren gab es die ersten Bestrebungen, für den Biolandbau schorfresistente Sorten zu züchten. Da in einem Wildapfel ein Gen für die Schorfresistenz entschlüsselt werden konnte, lag es nahe, diesen Wildapfel in die krankheitsanfälligen Sorten einzukreuzen. So entstand z.B. die Sorte Topaz. In den letzten Jahren jedoch zeigt sich Topaz wieder anfällig für Schorf: Die eingezüchtete Resistenz wurde durchbrochen durch eine Mutation der schorfverursachenden Pilze.

Die Probleme, die der moderne Obstbau nun hat, spielen den Befürwortern von Gentechnik in die Hände. Die Züchtung einer neuen Apfelsorte dauert mindestens 15 Jahre. Schneller soll es mit gentechnischen Verfahren gehen, die gezielt Gene einbringen oder ausschalten, um die gewünschten Eigenschaften zu erhalten.

Topaz mit Schorf

Resistenz ist mehr als nur ein Gen

Auf der unbehandelten Obstwiese von Bannier finden sich bereits Sorten, die seit Jahren gesund, lecker und ertragreich sind – ganz ohne Einsatz von Chemie und gentechnische Eingriffe. Besonders beeindruckt ist Bannier von den Sorten, die zwar Schorf und Mehltau aufweisen, jedoch nicht komplett krank werden und trotzdem gute Früchte hervorbringen. „Resistenz ist mehr als nur ein Gen“, schlussfolgert der Züchter. Für die Ansprüche von Hausgarten und Streuobstwiesen stehen bereits ausreichend alte Sorten zur Verfügung.

Für die Ansprüche an hohe Erträge und lange Lagerfähigkeit des Erwerbsanbaus braucht es aber neue Sorten. Daher züchtet Bannier zusammen mit anderen Züchter:innen im Verein Apfel:gut e.V. an neuen vitalen Apfelsorten, insbesondere für den biologischen Anbau. Sie möchten den Gentechnik-Befürwortern beweisen, dass sich die Probleme des Obstanbaus auf natürlichem Weg lösen lassen.

apfelgut e.v.

Fotos: bioverita