Aktueller Stand der politischen Debatte zur NGT-Deregulierung

Polen treibt das Deregulierungsverfahren voran

Seit knapp zwei Jahren debattieren die 27 EU-Mitgliedstaaten über ihre Position zu einem Entwurf der Europäischen Kommission, wie Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren (NGT) künftig geregelt werden sollen. Jetzt scheint ein neuer polnischer Vorschlag der nötigen qualifizierten Mehrheit nahe zu sein. Dies ist bereits der dritte Anlauf, mit dem Polen versucht, die im Ministerrat festgefahrene Debatte zu den geplanten Regelungen für Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren wieder flott zu machen. Das jetzt vorliegende Papier unterscheidet sich inhaltlich kaum noch von der Fassung, mit der die spanische Ratspräsidentschaft vor einem Jahr scheiterte.

Statements zum aktuellen Entwurf

Im Entwurf würden „zentrale Forderungen nach einer transparenten Kennzeichnung auf Saatgut und Lebensmitteln sowie einer verpflichtenden Risikoprüfung für alle NGT-Pflanzen in den folgenden Verhandlungen nicht berücksichtigt – mit potenziell schweren Folgen für die Umwelt“, befürchtet der Umweltverband BUND. Diese Sorge teilen mehr als 200 europäische Organisationen. Sie warnen in einem gemeinsamen Statement vor übereilten Beschlüssen „angesichts der potenziellen Risiken neuer GVO für die menschliche Gesundheit und die Natur sowie der vielen ungelösten Fragen, die auf dem Tisch liegen, wie Patente, Identifizierungs- und Nachweismethoden, Saatgutpreise, Saatgutvielfalt, Koexistenz, negative sozioökonomische Auswirkungen und das Risiko einer weiteren Kontrolle der Lebensmittelkette durch
Unternehmen“.

Polen ist zum Befürworter geworden

Dass eine qualifizierte Mehrheit für den polnischen Vorschlag in Sichtweite ist, liegt auch daran, dass sich Polen mit Übernahme der Ratspräsidentschaft im Januar offenbar von seiner bisherigen, gentechnikkritischen Haltung verabschiedet hat. „Noch vor kurzem forderte Polen eine vollständige Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von gv-Pflanzen. Züchter und Landwirte sollten von patentiertem Saatgut verschont werden. Doch davon ist nichts mehr übriggeblieben“, stellt Franziska Achterberg von der Kampagne Save our Seeds fest.

Wachsende Mehrheiten in der EU FÜR die Deregulierung

Damit wird die bisherige Sperrminorität von Deutschland, Österreich, Ungarn und einer Reihe kleinerer Staaten sehr knapp. Jüngste Äußerungen der deutschen Übergangsregierung sprechen dafür, dass sie sich bei diesem Thema bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung in den Brüsseler Gremien weiter enthalten wird. Wie sich die neue belgische Regierung, die sich bislang ebenfalls enthielt, künftig positionieren wird, scheint dem Vernehmen nach noch nicht endgültig entschieden. In ihrem Koalitionsvertrag jedenfalls steht, sie unterstütze „die Initiativen auf europäischer Ebene, die neue genomische Techniken zur genetischen Verbesserung von Pflanzen fördern“. Ob in der Form, wie es Polen aktuell vorschlägt, wird sich wohl bald erweisen.

Quelle: Infodienst Gentechnik

Argumente gegen die „grüne“ Gentechnik

Befürworter:innen der NGT behaupten gerne, nur mithilfe der NGT könne der Hunger auf der Welt bekämpft und die wachsende Weltbevölkerung ernährt werden. Außerdem könne durch NGT-Pflanzen der Einsatz von Pestiziden deutlich reduziert werden. Der Informationsdienst Gentechnik widerlegt hier diese Behauptungen und liefert weitere Argumente gegen die Freisetzung von NGT.

Die Aufzeichnung des Online-Seminars von Demeter und der AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.) vom 25.11.2024 bietet eine gute Möglichkeit, in überschaubarer Zeit die wichtigsten Informationen und Grundlagen zur Stärkung der eigenen Argumentation zu bekommen: Annemarie Volling von der AbL gibt darin in verständlicher Form einen guten Überblick über die bisherigen gentechnischen Methoden und deren Einsatz in der Landwirtschaft. Sie erläutert das Wichtigste zu den neuen gentechnischen Verfahren, legt dar, was im Falle einer Deregulierung zu erwarten wäre und was wir fordern sollten, um weiterhin gentechnikfrei arbeiten und essen zu können. Im Anschluss daran schildert Lea Schuler von Demeter wie der Verband sich in Presse-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit für die weitergehende Regulierung engagiert. Hier geht es zur Aktionsseite von Demeter, auf der Sie auch selbst aktiv werden können.

Schauen oder hören Sie sich das Video von Demeter und der AbL am besten selbst an und teilen Sie Ihr daraus gewonnenes Wissen mit Ihren Kolleg:innen und Kund:innen: 

Aufzeichnung Onlineseminar: Gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung