Anbauerporträt Nordseeküstengenuss

bioverita hat Nutzungsvereinbarungen mit Dutzenden von Anbaubetrieben, die die bioverita-Großhandelspartner mit Gemüsesorten aus Bio-Züchtung beliefern und die Ware mit dem bioverita-Logo kennzeichnen. Der Demeterhof Nordseeküstengenuss in Hedwigenkoog, Schleswig-Holstein, ist einer von ihnen. Zusätzlich ist der Hof aktiv in der Saatgutvermehrung und der Züchtung neuer Biosorten. Nordseeküstengenuss macht seinem Namen alle Ehre: nur 2.000 Meter liegt der Hof von der Küste entfernt.

Die Schoofs legen viel Wert auf den Anbau von samenfesten Gemüsesorten. Neben einer Reihe von samenfesten Erhaltungssorten bauen sie auch einige bioverita-Sorten an, also neue samenfeste Sorten aus Bio-Züchtung. „Langfristig ist es unser Ziel, möglichst viel samenfestes Gemüse anzubauen. Um das zu ermöglichen, arbeiten wir eng mit Kultursaat e.V., dem Verein zur Züchtungsforschung auf biologisch-dynamischer Grundlage, zusammen“, berichtet Susanne Schoof.

Kooperation mit Kultursaat e.V.

Seit vielen Jahren kooperiert der Hof mit zwei Kultursaat-Züchter:innen für die Züchtung von samenfesten Rot- und Weißkohlsorten: Johanna Fellner und Sebastian Vornhecke. Beide leben und arbeiten eigentlich in anderen Regionen Deutschlands. Dank der Kooperation mit dem Hof an der Nordsee können sie die neuen Kohlsorten optimal an die Bedingungen der Marschböden in der Dithmarschen anzupassen. In dieser Region wird traditionell sehr viel Kohl angebaut, hier befindet sich das größte zusammenhängende Kohl-Anbaugebiet in Europa.

Wichtigstes Züchtungsziel ist die besonders lange Lagerfähigkeit der Kohlköpfe. Nur die Zuchtlinien, die nach der Ernte am längsten gesund bleiben im Kühlhaus, werden von den Züchter:innen weiterverfolgt. Zusätzlich zu den Kohlpflanzen, die für Verkauf und Verarbeitung bestimmt sind, baut der Hof für die Züchtung jährlich bis zu 100.000 weitere Pflanzen an. Die beiden Züchter:innen kommen regelmäßig, um Wachstum und Gesundheit der Kohlköpfe zu dokumentieren.

Züchterin Johanna Fellner mit Susanne Schoof

Vielseitige Verarbeitung von Kohl

Im erntereifen Stadium zwischen August und Oktober werden diejenigen Kohlköpfe ausgewählt (selektiert), die am ehesten den Züchtungszielen entsprechen, jeweils ca. 600–800 Stück von Rot- und Weißkohl. Diese sogenannten Samenträger werden mit der Wurzel ausgegraben und überwintern in einem Lager, um im nächsten Jahr erneut gepflanzt zu werden, zur Blüte zu kommen und Samen zu bilden.

Die übrigen Pflanzen, oft mehrere Tonnen, gehen in die Vermarktung bzw. die Verarbeitung. Die Verarbeitung von Gemüse zu haltbaren Produkten ist ein wichtiger Bestandteil der Vermarktungsstrategie des Hofes. Hergestellt werden Sauerkraut, milchsauer vergorenes Gemüse und Kimchi im Konservenglas, außerdem vorgegartes Gemüse wie Rotkohl mit Apfel, Rote Bete und Zuckermais im Vakuumbeutel.

Selektion der Rotkohl-Samenträger nach dem Winterlager

Koreanische Spezialität für deutsche Gaumen

Um die Herstellung von Kimchi, der koreanischen Variante des deutschen Sauerkrauts zu erlernen, reiste Susanne Schoof im Rahmen einer Arte-Dokumentation sogar nach Südkorea. Dort hat sie eine Landwirtin besucht, die ihrerseits Kohl anbaut und Produkte daraus vermarktet. In Südkorea wird Kimchi traditionell aus Chinakohl zusammen mit vielen Gewürzen hergestellt und praktisch zu jeder Mahlzeit gegessen. Susanne hat die extrem scharfe Rezeptur für deutsche Gaumen angepasst und produziert nun seit einigen Jahren Kimchi aus Weißkohl.

Der bearbeitete Kohl wird in spezielle Gläser abgefüllt, in denen die Vergärung auch nach der Abfüllung weitergeht. Der Deckel lässt die entstehenden Gase und Flüssigkeiten entweichen, verhindert aber gleichzeitig, dass Luft ins Glas gelangt. Die Reifung erfolgt also im Glas und wird nicht durch Pasteurisierung abgebrochen. So bleiben die wertvollen bioaktiven Inhaltsstoffe erhalten.

Deutsches Kimchi im Spezialglas

Schwerpunkt samenfeste Sorten

„Auch beim Wurzelgemüse setzen wir, wo immer es möglich ist, auf samenfeste Sorten“, berichtet Susanne Schoof. Pastinaken- und Rote Bete-Saatgut wird sogar selbst auf dem Hof vermehrt. Eine aufwändige Arbeit, der sich nur noch die wenigsten Höfe widmen, schließlich ist das Risiko des Totalausfalls sehr hoch. „Wir sehen das als unseren Beitrag zur Herstellung von samenfestem Saatgut. Wir sind davon überzeugt, dass Anbau und Vermehrung samenfester Gemüse zum Erhalt regionaler Sorten beitragen und helfen, eine Saatgut-Monopolisierung zu verhindern“, ergänzt Dirk Schoof.

Damit spricht er die politische Seite der Saatgutarbeit an, die die Schoofs auch bei Vorträgen und Veranstaltungen mit Überzeugung in die Welt tragen. Zuletzt bei einem Event im Landhaus Scherrer, einem Hamburger Gourmetrestaurant, welches seine Gäste mit dem samenfesten Rotkohl der Schoofs bekocht – aus Überzeugung! Die Begeisterung für das Saatgut ist auch schon auf die Kinder der Schoofs übergesprungen: Sohn Magnus hat beispielsweise in einer Jahresarbeit für die Waldorfschule die verschiedenen Etappen „Vom Saatkorn zum Saatgut“ beschrieben. Eine empfehlenswerte Lektüre, denn der damals 14-jährige beschreibt in seiner Arbeit den komplexen Vorgang der Züchtung in einfachen Worten.

Susanne Schoof prüft das Saatgut der Roten Bete

Fotos: Nordseeküstengenuss