Von früh bis spät – ökologisch gezüchtete Möhren des Saat:gut e.V. auf Christiansen`s Biolandhof
Christiansen`s Biolandhof und saat:gut e.V.
Die internationalen Teilnehmer des Feldtages kamen aus dem Gemüseanbau, der Beratung und dem Handel. Es wurden elf Sorten und Kandidaten durch Heinz-Peter Christiansen (Züchter und Gemüseanbauer) präsentiert. Das Anbauverfahren von Möhren wurde durch den Anbauleiter Jan Richardt erläutert. Abgerundet wurde der Feldtag mit einer Möhrensaftverkostung von vier Sorten.
Christiansen`s Biolandhof nahe der dänischen Grenze baut auf 115 ha Getreide, Leguminosen, Zwischenfrüchte und Gemüse für die Vermarktung über den biologischen Groß- und Einzelhandel an.
Zudem wird seit 2009 im Projekt Saat:gut e.V. an neuen Gemüsesorten für den Biolandbau gezüchtet. Die enge Zusammenarbeit der Züchtung mit dem Produktionsbetrieb ist zum gegenseitigen Vorteil: Die Züchtung kann auf große Bestände im Feld für die Sichtung zurückgreifen und die Anbaueignung wird quasi vor Ort getestet. Die regionale biologische Züchtung bietet dem Produktionsbetrieb Alleinstellungsmerkmale, die für den qualitätsorientierten Groß- und Einzelhandel zunehmend an Bedeutung gewinnen. Dabei spielt auch die Kennzeichnung des Gemüses mit dem Qualitätslabel „bioverita“ eine zunehmende Rolle für die Vermarktung.
Frühe, mittlere und späte Waschmöhren
Die Züchtung des Saat:gut e.V. wird unter anderem durch den Naturkost-Großhandel finanziell unterstützt. Dieser hat ein wachsendes Interesse daran, die gezüchteten Gemüse auch als solche zu handeln und zu kennzeichnen. Das gemeinsame Ziel ist es, biologisch gezüchtete, samenfeste Sorten, biologisch vermehrtes Saatgut und biologischen Anbau als „Bio von Anfang an“ auf einem zunehmendem Anteil der Fläche zu realisieren.
Daher ist es gewünscht, über die gesamte Saison Waschmöhren mit dem bioverita-Label anzubieten. Für das mittlere und späte Segment sind schon Möhren aus Bio-Züchtung vorhanden, bisher fehlten aber noch Sorten für das frühe Segment (100 Tage), die früh erntefähig sind und einen entsprechenden Ertrag aufweisen. Als Möhre mit einer kurzen Wuchsperiode befindet sich nun die Sorte ASAP in der Sortenzulassung.
Anbaudetails
Die Möhren stehen im zweiten Jahr nach einem zweijährigen Kleegras. Als Vorfrucht vor Möhren wird Kohlgemüse mit der nachfolgenden Zwischenfrucht Sandhafer angebaut. Beim Anbau wird sehr viel Wert auf eine optimale Nährstoffversorgung gelegt. Dabei werden nicht nur die Makronährstoffe im Blick behalten, sondern auch die Mikronährstoffe. Eine Futter-Mist-Kooperation trägt zur Kreislaufwirtschaft bei, kann aber den Nährstoffabtransport durch den Verkauf des Gemüses nicht immer ganz ausgleichen. Vor allem können Mikronährstoffe fehlen, die – nach umfangreichen Bodenanalysen – durch direkte Düngung auf den Boden ausgeglichen werden (nach Kinsey).
Nährstoffmangel kann sich durch eine geringere Bodenfruchtbarkeit, Krankheiten, geringere Lagerfähigkeit, aber auch durch Riffel an der Außenhaut der Möhren zeigen. Um ins Nährstoffoptimum zu kommen, werden während der Wachstumsperiode Blattproben auf ihren Nährstoffgehalt untersucht. Mögliche Defizite werden über Blattdüngung ausgeglichen. Die Erträge liegen im Schnitt bei 40 t vermarktbarer Ware/ha, wobei es Schwankungen gibt von 30 t bis 50 t.
12 Sorten im Vergleich
ASAP (103) (bioverita-zertifiziert)
Die Möhre ist entstanden aus einer Kreuzung (offen abblühend) von drei Ausgangssorten. Sie ist für den Einsatz als frühe Bundmöhre gezüchtet und für den satzweisen Anbau über die ganze Saison geeignet und bündelbar. Die Möhre kommt in unter 100 Tagen zur Erntereife. Das gesunde Laub ist fein bis mittelstark und grün (mittel). Die Form der Wurzel ist zylindrisch, ihre Oberfläche ist glatt. Sie ist auch als frühe Waschmöhre geeignet. Ca. 100 Tage
MOG-Sg-106
Frühmöhre mit verbesserter Blattgesundheit. Noch in der Entwicklung.
Miso (112) (bioverita-zertifiziert)
Diese frühe Nantaise (ca. 105 Tage) wurde als Bund- und Waschmöhre für den Frischmarkt und biologischen Anbau gezüchtet. Sie ist bruchfest und hat eine zylindrische Form. Länge ca. 14–16 cm. Die Rübe ist glatt, zylindrisch/walzenförmig und an der Spitze abgerundet. Das Laub ist mittellang und aufrecht. Der Anbau ist im Frühjahr, Sommer und Herbst ist möglich. Für Maschinenernte mit dem Klemmbandroder geeignet. Süßer Geschmack.
Bollin (bioverita-zertifiziert)
Bollin wurde als Waschmöhre für den Frischmarkt und den biologischen Anbau gezüchtet. Sie ist etwa 16–18 cm lang, zylindrisch und glatt und vereint Süße mit Bruchfestigkeit und Formstablilität. Das Herz ist gleichfarbig mit der Rinde. Besonders eignet sich die Bollin für die Frischmarkt-Vermarktung im Sommer.
Doro
Die Möhre Doro ist eine gesunde orange Waschmöhre, die in ca. 115 Tagen erntereif wird. Die Oberfläche der Wurzel ist glatt (fast keine Riefen) und zylindrisch. Sie hat kräftiges, aufrechtes Laub. Sie bringt einen hohen Anteil an A-Ware bei Maschinenernte und -aufbereitung. Sehr gleichmäßige Verkaufsmenge.
MOG-Sg-303
Neuzüchtung als Wasch- und Lagermöhre mit guter Laubgesundheit.
Treenetaler (bioverita-zertifiziert)
Die Sorte Treenetaler ist eine mittelspäte Nantaise-Möhre mit ca. 120 Tagen Entwicklungszeit. Hohes Ertragspotential, schnell in der Jugendentwicklung, gesundes Laub. Die Möhre ist zylindrisch, schlank und mittelbreit. Stabile und relativ glatte Außenhaut. Nur geringe Neigung zur Grünköpfigkeit. Sehr gute Lagerfähigkeit. Kräftiger, aromatischer Geschmack.
Silberstedter (bioverita-zertifiziert)
Diese Möhre ist zylindrisch, leicht spitz, lang und mittelbreit. Die Oberfläche ist leicht geringelt. Das Herz ist gleichfarbig mit der Rinde. Die Ausbeute an vermarktungsfähiger Ware ist sehr hoch. Die Jugendentwicklung ist sehr zügig.
MOG-Sg-503s
Selektion aus Silberstedter, gleichmäßigere Rübengröße; noch in der Entwicklung.
Rainer (bioverita-zertifiziert)
Rainer ist eine ertragsstarke Karotte mit süßem Aroma und sehr guten Lagereigenschaften. Die Entwicklungszeit beträgt etwa 130 Tagen. Rainer hat eine ausgezeichnete Krautgesundheit. Aussaat ab Mai für die Ernte ab Oktober. Der Anteil an vermarktungsfähiger Ware ist hoch und der Geschmack wird im Laub besser.
Lila Lu (bioverita-zertifiziert)
Lila Lu ist eine violette Möhre mit orangem Kern. Das Laub ist mittelstark. Es ist grün mit einer violetten Note. Die Möhre hat eine Entwicklungszeit von 130 Tagen, um gut durchgefärbt zu sein. Die Möhre ist leicht konisch und stumpft im Reifungsprozess ab, aber nicht vollständig. Angenehm süßer Geschmack. Lila Lu eignet sich auch für die Lagerung. Ihre sekundären Pflanzeninhaltsstoffe (Anthozyane im violetten Teil der Möhre) machen sie besonders wertvoll für die menschliche Ernährung. Aussaaten ab Mitte Mai bringen bei Christiansen`s Biolandhof die besten Ergebnisse.
Gelbe Möhre (MOG-Sg-751)
Kreuzung aus alter samenfester Möhre mit Hybrid; Fast kein grüner Kopf und besseres Aroma; weniger Platzer.
Learnings
Jeder Standort hat seine spezifischen Eigenschaften, daher zeigen die Sorten/Kandidaten auf unterschiedlichen Standorten verschiedene Ergebnisse. Um für den jeweiligen Standort die passenden Möhren zu finden, ist es notwendig, den Versuchsanbau auszuweiten. Neben dem Standort hat auch der Saatzeitpunkt entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Möhre. Für die aktuellen Sichtung wurde eine Möhrensorte im Abstand von vier Wochen gesät, was einen deutlichen Einfluss auf die Entwicklung der Möhre und die Erntemenge hatte. Anders als bei Hybridsorten, ist es bei samenfesten Sorten wichtig, sie zu ernten, sobald sie ausgereift sind.
Während Hybridsorten länger im Boden bleiben können, wächst eine samenfeste Sorte weiter und das Ernteergebnis verschlechtert sich nicht nur durch Übergrößen, sondern auch durch geplatzte und verwachsene Möhren. Dies ist ein wichtiges Detail im erfolgreichen Anbau von samenfesten Bio-Sorten. Ein Probeanbau auf vielen Standorten würde die Züchtung unterstützen und die Beschreibungen der Sorten verbessern. Probieren Sie die Sorten aus und geben eine Rückmeldung zu den Sorten und den Anbaubedingungen. Nur so kommen wir in der Bio-Züchtung gemeinsam voran. Gern können Sie sich an die Sortenberatung der Bingenheimer Saatgut AG, der Sativa Rheinau AG und natürlich auch direkt an den Saat:gut e.V. https://www.saat-gut.org/ wenden.
Text: Ulrich Quendt (demeter), Heinz-Peter Christiansen, Barbara Maria Rudolf (Christiansen`s Biolandhof)
Fotos: bioverita