Stand der NGT-Gesetzgebung

So gut wie unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit bestätigte das EU-Parlament am 24. April 24 den vorab von der EU-Kommission vorgeschlagenen Entwurf für die Deregulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT). Mehrere Staaten hatten nach dem ersten Entscheid vom 7. Februar Kritik an dem Vorschlag der Kommission geübt, darunter Frankreich, Deutschland, Österreich, Slowenien, Slowakei, Kroatien, Rumänien und Polen. Dennoch bildet der Vorschlag nun die Grundlage für die finale Positionsfindung im sog. Trilogverfahren.

Darin entscheiden EU-Kommission und Rat über die zukünftige Neuregelung der NGT. Schon jetzt ist aber klar, dass NGT-Pflanzen in der EU noch weniger stark reguliert sein werden als in den USA. Neben Kulturpflanzen können zukünftig auch gentechnisch veränderte Bäume, Gräser oder Algen ohne Prüfung freigesetzt werden. Die neuen Regelungen gelten für alle Mitgliedsstaaten gleichermaßen. Einzelnen Mitgliedstaaten wird nicht zugebilligt, den Anbau zu verbieten oder zu beschränken.

Auch wenn die Kennzeichnungspflicht für alle gentechnisch veränderten Pflanzen auf allen Stufen, also vom Saatgut bis hin zu verarbeiteten Produkten, beibehalten werden soll, sind mit der Öffnung unvorhersehbare Folgen für Mensch und Natur vorprogrammiert. Die Konsequenzen für das Ökosystem sind nicht vorhersagbar und auch nicht revidierbar.

Eine seriöse wissenschaftliche Grundlage fehlt

Die vorgesehene Kategorisierung der Gentech-Pflanzen entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Laut dieser Einordnung werden über 90 Prozent der Sorten, die sich derzeit in der Entwicklung befinden, zukünftig ohne Risikoprüfung und obligatorisches Monitoring in Umlauf gebracht werden. Gleichzeitig sind Unternehmen, die neue NGT verkaufen und Landwirt:innen, die sie anbauen, bei Schadensfällen von jeder Haftung befreit.

Auch wenn NGT im Biolandbau weiterhin verboten bleiben sollen, ist der Biolandbau durch die Haftungsbefreiung der NGT-Hersteller eingeschränkt und benachteiligt, da es durch die Fremdbestäubung zur ungewollten Verunreinigung von Pflanzenbeständen kommen kann und gleichzeitig die Nachweispflicht der Gentechnikfreiheit durch die Bio-Anbauer sehr aufwändig ist.

Das EU-Parlament stimmte auch für ein Verbot der Patentierung von NGT. Faktisch hat das EP darauf aber keinen Einfluss, sodass dies nicht zur Beruhigung beitragen kann.Im anstehenden Trilogverfahren werden die Verhandlungen seitens des Europäischen Parlaments weiterhin von der Gentech-Befürworterseite durch Jessica Polfjärd geführt. Es bleibt die Aufgabe der Landwirtschaftsminister:innen im EU-Rat eine Durchsetzung des Gesetzesentwurfs zu verhindern.

Forderungen an die neue Gesetzgebung

bioverita teilt die Forderungen der Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG):

  • Die strenge Regulierung der neuen Gentechniken im bestehenden Gentechnikrecht
  • Die Wahlfreiheit von Saatgut bis zum Endprodukt für Konsument:innen, Produzent:innen, Züchter:innen und Handel
  • Transparenz durch Kennzeichnungspflicht und Rückverfolgbarkeit
  • Eine umfassende Risikoprüfung zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt
  • Die Entwicklung von Nachweisverfahren
  • Effektive Maßnahmen (Koexistenzregelung), um eine Vermischung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO)- und Nicht-GVO-Produkten sowie die Kontamination von Nicht-GVO-Saatgut zu verhindern.
  • Haftung im Schadensfall nach dem Verursacherprinzip
  • Ausbau und Förderung sozial gerechter, klima- und-biodiversitätsfreundlicher Ernährungssysteme.

Zusammen mit anderen Schweizer Organisationen setzt sich bioverita dafür ein, in der Schweiz das geltende Moratorium für den Verbot des kommerziellen Anbaus von GVO zu verlängern. Zur Durchsetzung ist eine eidgenössische Volksinitiative für Herbst 2024 geplant.

Eine Petition an den Schweizer Bundesrat und das Parlament fordert, zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt eine gentechnikfreie Landwirtschaft zu gewährleisten. Auch Nicht-Schweizer Bürger sind aufgefordert, die Petition zu unterschreiben: Hier geht es zur Unterschrift und zu weitergehenden Informationen.