FiBL-Forschungsbericht Winterweizen Wiwa

Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) hat 2022 eine wissenschaftliche Untersuchung zum Winterweizen Wiwa vorgelegt: „Three decades of organic wheat improvement: Assessing the impact and returns on investment“ („Drei Jahrzehnte Verbesserung des ökologischen Weizens: Bewertung der Auswirkungen und der Rentabilität der Investitionen“). Es handelt sich um eine wohlfahrtsökonomische Analyse anhand des Economic Surplus Modells. Dabei steht neben dem Nutzen für privatwirtschaftliche Unternehmen die gesamtgesellschaftliche Betrachtungsweise im Mittelpunkt. Wir fassen die Ergebnisse zusammen.

Die Sorte Wiwa stammt aus biodynamischer Züchtung der Getreidezüchtung Peter Kunz in der Schweiz und ist seit 2006 auf dem Markt. Die Studie berechnet den wirtschaftlichen Überschuss gegenüber herkömmlichen Weizensorten und nimmt die Rentabilität der Züchtung in den Blick. In die Auswertung flossen Daten bis 2019 aus der Schweiz, wo die Sorte im biologischen Weizenanbau sehr verbreitet ist. Wiwa wird aber in noch größerem Umfang in Deutschland angebaut, vor allem in Süddeutschland.

Durch ihre hohe Verbreitung hat die Sorte Vorbildcharakter für Sorten aus der Bio-Züchtung. Die Anbaufläche der Sorte Wiwa konnte anhand von Zahlen zum Saatgutverkauf abgeleitet werden, da die übliche Aussaatmenge 1 Tonne pro 5 Hektar beträgt. Die verkaufte Saatgutmenge stieg von 11 Tonnen im Jahr 2006 auf 629 Tonnen im Jahr 2019. Demnach hatte Wiwa eine anfängliche Abdeckung von 58 ha, die bis 2019 auf 3.344 ha anstieg. Dies entsprach einem Anteil von 56 %.

Vergleich mit konventionellen Sorten

Die Studie vergleicht die Erträge der Sorte Wiwa mit den zwei konventionell gezüchteten Winterweizensorten Runal und Titlis, die bei der Einführung von Wiwa und noch danach im Bio-Anbau in der Schweiz gut etabliert waren. Verglichen wurden die Daten zu Ertrag, Qualität und Minderertragsrisiko, basierend auf Erhebungen des Schweizer Agrarforschungszentrums Agroscope, wo seit über 20 Jahren Weizenversuche unter ökologischen Bedingungen durchgeführt werden.

Demnach erbrachte Wiwa im Durchschnitt der Jahre 2006-2019 einen Mehrertrag von 60 kg pro Hektar (4,55 gegenüber 4,49 Tonnen pro Hektar), was gut CHF 70 an Mehreinnahmen bedeutete. Die Tabelle zeigt, dass der wirtschaftliche Mehrwert vor allem durch die deutlich bessere Verarbeitungsqualität und den höheren Proteingehalt erzielt werden konnte:

Höhere Qualität und geringeres Ausfallrisiko

Bio Suisse zahlte CHF 18.30 gegenüber CHF 4.69 für die Verarbeitungsqualität und CHF 41.42 gegenüber CHF 31.48 für den Proteingehalt. Dadurch stiegen die Einnahmen um CHF 94,24 pro Hektar (CHF 5.349.42 gegenüber CHF 5.244,18). Gleichzeitig fielen die Mindererträge bei Wiwa im Durchschnitt geringer aus als bei den Sorten Runal und Titlis. Dies bescheinigt der Sorte aus Bio-Züchtung ein geringeres Anbau- bzw. Ausfallrisiko.

Das geringere Verlustrisiko ist ein wichtiger Unterscheidungsfaktor in der Analyse, da die ökologische Züchtung darauf abzielt, den Landwirten widerstandsfähige Sorten zur Verfügung zu stellen. Zusammenfassend hat die Sorte zwischen 1988 bis 2019 wirtschaftliche Erträge von 18,6 Prozent erbracht.

Lohnen sich die Kosten der Züchtung?

Neben dem Vergleich der Sorte Wiwa mit etablierten Winterweizensorten aus konventioneller Züchtung verfolgte die Studie das Ziel, den wirtschaftlichen Nutzen der Bio-Züchtung erschließen. Dafür wurden zunächst die Kosten für die Züchtung der Sorte zwischen 1988 und 2006 bemessen. Der eigentliche Züchtungsprozess fand zwischen 1988 und 2001 statt. Danach fielen Kosten für die Registrierung und Vermarktung der Sorte, sowie für die Erhaltungszüchtung an. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf CHF 547.000.

Diese Kosten stellt die Studie in zwei zeitlichen Szenarien dem wirtschaftlichen Überschuss gegenüber: Beim ersten zeitlichen Szenario wird der wirtschaftliche Überschuss nur bis zum Jahr der erhobenen Daten (2019) einbezogen. Das 2. Szenario schließt die Prognose des Überschusses bis zum Jahr 2030 mit ein. Letzteres basiert auf der Annahme, dass Wiwa weiter angebaut wird, allerdings auf schrumpfender Fläche. Dabei wird angenommen, dass es bei der Sorte zu Resistenzbrüchen kommt und sie nach und nach von neuen, vielversprechenden Bio-Weizensorten abgelöst wird.

Kosten-Nutzen-Szenarien

Allein auf die Ertragssteigerung der Sorte Wiwa gegenüber Runal/Titlis Sorten bezogen steigt das Verhältnis zwischen Züchtungskosten und dem gesamtwirtschaftlichen Nutzen um das 24-fache für das Szenario bis 2019 und um das 56-fache für das Szenario bis 2030. Wenn die Qualitätsunterschiede zwischen den Sorten berücksichtigt werden, erhöht sich die Kennzahl auf 37 bzw. 85.

Bezieht man auch das geringere Risiko für Minderertrag der Sorte Wiwa mit ein, steigt das Kosten-Nutzen-Verhältnis auf das 58-fache für den Zeitraum bis 2019 und auf das 133-fache, wenn die Vorteile bis 2030 berücksichtigt werden. Je nach Szenario bewegt sich der Rentabilitätsfaktor der Bio-Sorte zwischen 13,5 und 20 % für den Zeitraum bis 2030.

Winterweizen_Wiwa

Schlussfolgerungen

Die Studie belegt also, dass der wirtschaftliche Nutzen der Investitionen die Kosten bei weitem übersteigt, umso deutlicher wenn Qualitäts- und Resilienzgewinne berücksichtigt werden. Die Züchtungskosten rentieren sich umso mehr, je länger eine Sorte im Anbau ist und je umfangreicher sie angebaut wird. Studien zur konventionellen Züchtung ergeben häufig noch höhere Ergebnisse.

Dies erklären die Studienautoren mit dem konzentrierten Know-how und dem Größenvorteil der konventionellen Züchtungsbetriebe sowie mit der geografischen Reichweite der konventionellen Sorten. Die Autoren gehen davon aus, dass eine bessere und zuverlässige Finanzierung der biologischen Züchtung zu einem besseren Kosten-Nutzen-Faktor bei zukünftigen Sorten führen wird.

Fotos: bioverita, FiBL, GZPK